In 7 Stationen von der Krise in eine neue Normalität: CONCLUSIO
Die Werte der „Christlichen Soziallehre“ haben uns im Frühjahr 2020 zum Nachdenken eingeladen. Auch wenn wir scheinbar mit „Haut und Haar“ im System des Marktes stecken dürfen wir fragen, wo wir mit unseren Herzen und Hirnen hinwollen. Dabei bietet die Soziallehre wertvolle Orientierungen für eine „neue Normalität“ – nach Bewältigung der Krise:
VORRANG MENSCH: Wir müssen uns Bereiche bewahren, die wir nicht unter dem Kosten-Nutzen-Kalkül der Wirtschaft betrachten dürfen, weil es um die Menschenwürde geht. Ein Beispiel dafür ist das Geschenk des Sonntags.
GEMEINWOHL: Die Globalisierung darf sich nicht ausschließlich an wirtschaftlichen Erfordernissen orientieren, sondern muss universelles Gemeinwohl schaffen. Dazu braucht es internationale Ordnungsrahmen.
GERECHTE VERTEILUNG: Jeder Mensch muss die Möglichkeit haben, die zum Leben notwendigen Güter der Erde in Anspruch zu nehmen. Dies erfordert, Angst und Gier zu beherrschen und gegenseitiges Vertrauen zu entwickeln.
SUBSIDIARITÄT: In vielen Familien wurde in der Krise Großartiges geleistet. Für die Zukunft ist für Familien der wirtschaftliche, soziale und kulturelle Lebensraum sicherzustellen. Und es braucht gesellschaftliche Balance.
LEBENDIGE DEMOKRATIE: Um die Demokratie in der EU zu stärken, dürfen wir die EU nicht zu einem Projekt der Kommissionen und Kommissare verkommen lassen, sondern müssen uns als aktive Bürger/innen politisch engagieren.
SOLIDARITÄT: Der weltweiten Pandemie, die Menschen völlig unterschiedlich getroffen und Ungerechtigkeit aufgedeckt hat, muss eine „Pandemie der Solidarität“ folgen, die Gerechtigkeit fördert, um Solidarität wachsen zu lassen.
NACHHALTIGKEIT: Beim Neustart nach der wirtschaftlichen Talsohle müssen wir statt eines „freien Marktes“ einen „fairen Markt“ schaffen, der eine neue Balance zwischen Wirtschaft, Sozialstaat und Schutz der Umwelt herstellt.
Jedes Nachdenken, jede Orientierung, bietet die Chance zu einer Richtungsänderung. In der Krise traten in unserer Gesellschaft besonders drei Defizite zu Tage: der Mangel an Gerechtigkeit, der Mangel an Gemeinschaft und der Mangel an Sinn. Doch hinter diesen Bedrohungen werden neue „Lebenszeichen“ sichtbar, die Paul M. Zulehner „Spuren des Himmels“ nennt. Er ermutigt, nach vorne zu schauen: „Vertieft Euer Leben, verlasst das enge Gefängnis Eurer Angst und werdet wahrhaft solidarisch liebende Menschen!“
Franz Gosch ist FCG-Landesvorsitzender Steiermark & GPA-Bundesgeschäftsführer
Andreas Gjecaj ist FCG-Generalsekretär, ÖGB-Sekretär und Redakteur des „Vorrang Mensch“-Teams